Stellen Sie sich vor, Sie gehen spontan zu Ihrem Kollegen, um kurz ein paar Fragen zu klären, die heute früh aufgetaucht sind. Sie haben noch fünfzehn Minuten bis zum nächsten Meeting, die drei Punkte können Sie sicher schnell abhaken. Sie fangen mit Ihrer Frage an, aber dann stürmt die Sekretärin rein und braucht eine Unterschrift. Als Sie wieder zu zweit sind, stellen Sie Ihre Frage zu Ende, aber Ihr Kollege ist mit seinem Smartphone beschäftigt. Irgendwann legt er es weg und hört Ihnen zu, weicht aber vom Thema ab.

Wie auch immer Sie es angehen: Das Gespräch ist zäh wie Kaugummi. Und so vergehen 3 Minuten, 5 Minuten, 10 Minuten, und Sie müssen ins Meeting! Aber Sie haben noch nichts geklärt. Im Herausgehen denken Sie: „Warum ist es bloß so kompliziert, mit ihm zu arbeiten?“

Ja, warum eigentlich?

Meine Erfahrung ist: Wenn Gespräche umständlich werden und das Gegenüber einfach nicht auf den Punkt kommt, dann liegt der Grund sehr häufig darin, dass er nicht den äußeren oder inneren Freiraum hat, sich auf dieses Gespräch einzulassen. Vielleicht hat er gerade wenig Zeit, vielleicht steht er unter Druck, vielleicht ist er nicht vorbereitet auf das Thema, vielleicht ist er in Gedanken noch bei einer anderen Aufgabe.

Was können Sie tun?

Sie können vor absolut jedem wichtigen Gespräch die Bereitschaft Ihres Gesprächspartners überprüfen. Und Sie können selbst für einen Rahmen sorgen, in dem Sie sich beide voll auf das Gesprächsthema konzentrieren können. In Live-Gesprächen – gerade unter Kollegen – ist es ungewohnt. In Gesprächen mit räumlicher Distanz machen wir es fast automatisch.

Wenn Sie zum Hörer greifen, um jemanden anzurufen, dann fragen Sie, wenn Sie keinen Telefontermin haben: „Passt es Ihnen gerade?“ oder „Haben Sie gerade 10 Minuten? Ich würde mit Ihnen gern über Ihr Feedback vom 3.5. sprechen.“

Was passiert? In den meisten Fällen kommt ein: „Ähm… Moment … (raschel, raschel). Ok, jetzt bin ich soweit.“ Und dann haben Sie seine volle Aufmerksamkeit.

Hätten Sie die Gesprächsbereitschaft nicht überprüft, hätte der Angerufene das Gespräch wahrscheinlich angenommen, aber völlig auf Autopilot geschaltet. Während Sie ihm einen komplexen und für Sie wichtigen Sachverhalt erklärt hätten, wäre er zwar physisch anwesend gewesen, aber nicht geistig. Und Sie hätten sich gewundert, dass seine Antwort auf Ihre Frage derart unsubstanziell ist, dass sie Ihnen gar nicht weiterhilft.

Was für ein Unterschied!

Wenn das Gegenüber bereit ist für ein Gespräch, dann fühlt es sich so an, als würde er, bildlich gesprochen, die Tür zu seinem Büro aufmachen und mit Ihnen auf zwei bequemen Stühlen Platz nehmen. Wenn er nicht bereit ist für das Gespräch, aber es dennoch führt, fühlt es sich an, als wäre die Tür eben nicht offen, sondern angelehnt oder gar komplett verschlossen. Eigentlich stehen Sie noch draußen, sprechen Ihr Anliegen aus während Ihr Kollege oder Kunde an seinen eigenen Aufgaben weiterdenkt oder -arbeitet. Er hört Ihnen nur nebenbei und halbherzig zu und Sie rackern sich ab um eine verbindliche Antwort zu bekommen.

Achten Sie bei den Gesprächen, die Sie führen, auf diese imaginäre Tür: Ist sie offen? Ist sie angelehnt? Oder ist sie womöglich sogar zu?

Das optimale Gesprächs-Setting

Sie selbst können dafür sorgen, dass die Gespräche, die Sie führen, produktiv verlaufen – indem Sie einen optimalen Rahmen schaffen. Das heißt konkret: Sie stellen ein förderliches Setting her und Sie überprüfen die Gesprächsbereitschaft – sowohl bei Ihrem Gesprächspartner als auch bei sich selbst. Und so geht es ganz konkret:

1. Sorgen Sie für einen ablenkungsfreien äußeren Rahmen.
Bevor Sie das Gespräch starten, scannen Sie die Umgebung nach möglichen Störquellen: Sitzt Ihr Gegenüber vor einem Bildschirm, der an ist? Liegt ein Smartphone auf dem Tisch, das gleich klingeln könnte? Ist das Festnetztelefon schon umgeleitet oder auf AB geschaltet? Ist die Tür zu, falls Sie ungestörte Zeit brauchen?

Sorgen Sie im nächsten Schritt für einen klaren Rahmen: Ist der Zeitrahmen für das Gespräch gesetzt? Ist das Thema oder der Anlass des Gespräches klar? Falls Sie das Gespräch initiiert haben: Können Sie Ihr Anliegen punktgenau in einem Satz formulieren?

2. Sorgen Sie als nächstes für inneren Freiraum bei allen Beteiligten. Fragen Sie sich selbst und Ihren Gesprächspartner: Muss ich noch etwas erledigen, oder bin ich bereit für das Gespräch? Innere Störquellen können sein: die angefangene Mail zu Ende schreiben, vorher auf die Toilette gehen, der Assistentin einen Eilauftrag geben, sich einen Gedanken aufschreiben zu einem anderen Projekt, etc.

Fragen Sie Ihren Gesprächspartner: „Gibt es noch etwas, was du tun musst, bevor du voll und ganz für unser Gespräch verfügbar bist?“ Erst wenn Sie ein klares „Ja, ich bin bereit“ erhalten, legen Sie los. Wenn der andere halbherzig zustimmt zu beginnen, haken Sie nach.

Wenn Ihr Gegenüber voll und ganz da ist, dann merken Sie es an seinem Blick und an seiner Körperhaltung. Er stellt direkten Augenkontakt her, wendet sich Ihnen zu und befindet sich in einer aktiven, aufnahmebereiten Haltung. Es kann losgehen!

Wenn Sie das erstmals probieren, können diese Punkte Ihnen zahlreich erscheinen. Mit der Zeit wird dieses Vorgehen ganz natürlich und mühelos. Sie brauchen keine Minute für den Check! Aber Ihr Gegenüber wird Ihre elegante Professionalität im Gesprächseinstieg zu spüren bekommen.